Aufgabe: Ein Text zum Thema „Wortwelt durch Sprachbilder“
Blombenzieher nannte ihre Mama die kugeligen Kaubonbons. Sie hatte sie verboten, doch Sehal kaufte sie trotzdem im Ein-Euro-Shop und schummelte sie unter ihr Pausenbrot. Sehal liebte es, wie die Blombenzieher dufteten und wie der Mund feucht wurde, bevor man sie lutschte und wie sehr die Zähne Mühe hatten sie weich zu kauen. Aber noch viel mehr liebte sie es, wie die Bonbons auf dem Nachhauseweg schepperten. Sie hielt die Brotdose immer in der rechten Hand, die sie beim Gehen locker auf ihren Oberschenkel fallen ließ. Schepper, schepper – wie bei dem Pfleger im Zoo, mit den Möhren in seinem Eimer. Dann kamen die Esel. Genauso schepperten die Blombenzieher während Sehal dazu sang. Manchmal etwas Arabisches, manchmal sang sie ein Lied, das sie noch aus dem Kindergarten kannte, das mit dem „Aramsamsam“ oder probierte neue Wörter aus. Oder einfach nur Uhs und Ahs, ganz viele davon hintereinander. Mal so hoch, mal so tief wie sie konnte. Sehal mochte die Esel nicht. Giraffen. Das waren schöne Tiere.
Ihr Blick ging geradeaus, durch die Allee, gesäumt von Flachbauten, mit vergitterten kleinen Gärten, in denen die Hunde und Katzen sich nach Freiheit sehnten. Anfangs waren sie aufgescheucht in die Zaunecken geflüchtet, wenn Sehal mit der scheppernden Dose kam. Mittlerweile drehten sie sich weg. Hinter den Gardinen schauten sie hin. Wenn Sehal singend an Hausnummer 6 vorbeihüpfte, schloss sich das Wohnzimmerfenster und hinter den Scheiben saßen die Esel, mit angelegten Ohren. Oder an Hausnummer 13, wo sich der alte Faltige stampfend umdrehte, und mit der Hand wedelte, als würde er eine Fliege verscheuchen. Dann sang Sehal noch lauter. An Hausnummer 36 verstummte Sehals Takt. Sie öffnete die Brotdose und sog den Duft ein. Eine Gardine wehte zur Seite, das Fenster wurde geöffnet und ließ den frischen Wind herein. Sehal steckte sich einen Blombenzieher in den Mund, reckte sich hinauf und legte ein Bonbon in eine sanfte, faltige Hand.
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